Ich war nett, jetzt bin ich müde - People-Pleasing
- Anne Witt
- 28. Mai
- 2 Min. Lesezeit

Ich war schon immer ein People-Pleaser. Man könnte sagen, ich betreibe People-Pleasing häufiger, als ich ins Fitnessstudio gehe und es ist definitiv anstrengender als Cardio-Training. Gerade im beruflichen Kontext ist das eine Eigenschaft, die mir immer wieder in die Quere kommt, weil sie mich unfassbar angreifbar macht. Vermutlich ist es meine Lebensaufgabe zu lernen, dass ich nicht immer alle für mich gewinnen muss und dass mich die Mimik meines Gegenübers nicht regelmäßig aus der Bahn werfen darf.
Beispiel aus dem Home-Office-Alltag
Ich arbeite viel im Home-Office und nehme an zahlreichen Meetings teil. Es gibt da ein paar Personen, bei denen ich das Gefühl habe, sie machen sich über mich lustig. Ein konkretes Beispiel: Während eines Calls wurde auffällig getippt, daraufhin folgte ein Lächeln, das nicht zur restlichen Gesprächssituation passte. Gerade eben hatte ich wieder solch ein Meeting – und es beschäftigt mich nachhaltig.
Gedankenkarussell stoppen – und bewusst anders reagieren
Wenn man diesen Zustand einmal wirklich reflektiert, ist die Lösung sicherlich nicht, sich den ganzen Abend lang Gedanken darüber zu machen, was in dem Termin wohl so witzig war. Also versuche ich es diesmal anders.
Den Trigger erkennen: Woher kommt das eigentlich?
Warum triggert mich so etwas? Ganz einfach: weil es mich an meine eigene Unsicherheit erinnert. Daran, dass ich mich schon immer ein wenig „anders“ gefühlt habe. Diese Unsicherheit stammt nicht aus der aktuellen Situation, nicht von gestern, sondern aus einer langen Reihe negativer Erfahrungen, die sich über die Jahre angesammelt haben. Wenn ich also möchte, dass mich solche Momente nicht mehr treffen, muss ich tiefer graben.
Was sagt das über mich – und über die anderen?
Das Verhalten meines Gegenübers – und vor allem, wie ich es interpretiere – ist letztlich ein Spiegel dessen, was in mir selbst vorgeht. Und selbst wenn das Lachen tatsächlich mit mir zu tun gehabt haben sollte: Was sagt das über diese Person aus? Vermutlich, dass auch sie mit eigenen Themen kämpft und diese – bewusst oder unbewusst – auf mich projiziert.
Die entscheidende Frage: Was fange ich mit dieser Erkenntnis an?
Ich habe zwei Möglichkeiten:
A) Ich verbringe den Abend damit, zu grübeln, warum ich – meiner Interpretation nach – nicht gemocht werde.
B) Ich beschäftige mich stattdessen mit meinen eigenen Triggern und arbeite daran, gar nicht erst so stark auf solche Situationen zu reagieren.
Ins Handeln kommen
Ich habe mich für Letzteres entschieden. Ich bin aufgestanden, habe tief durchgeatmet und mir selbst gesagt: Mein Leben ist zu schön und zu gut für nutzlose Gedanken. Allein dieses bewusste Handeln verändert schon etwas in mir.
Fazit: I see you!
An meine People-Pleaser-Kolleg:innen da draußen: Ich sehe Euch. Ich fühle Euch. Und: Ihr seid nicht allein. Ich wünsche Euch – und mir selbst – mehr innere Distanz zu solchen Situationen und vor allem: Frieden in uns selbst.


